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Digitale Checkliste für Pferdebetriebe

Stärken erkennen, Potenziale nutzen
Von Dr. Laura Maxi Stange, Landwirtschaftskammer SH
Mit dem Tablet auf der Weide: Eine digitale Checkliste unterstützt bei der Beurteilung der Tiergerechtheit in der Pferdehaltung. Foto: Karen Diehn

Wie kann ich schnell und einfach sehen, in welchen Bereichen mein Pferdebetrieb richtig gut aufgestellt ist und wo es vielleicht noch Luft nach oben gibt? Diese Frage greift das EIP-Projekt „Tiergerechtheit Pferd“ auf, das vom Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein gemeinsam mit zahlreichen Praxis- und Wissenschaftspartnern entwickelt wird.

Im Zentrum des EIP-Projekts (Europäische Innovationspartnerschaft) steht eine digitale, kostenfreie Checkliste, die Pferdebetrieben eine systematische Einschätzung ihrer Haltungsbedingungen hinsichtlich der Tiergerechtheit ermöglicht. Was zunächst nach einem nüchternen Tool klingt, ist in Wahrheit ein praxisnahes Instrument mit großem Mehrwert. Die Anwendung bietet nicht nur eine Übersicht über die Stärken eines Betriebs, sondern auch eine Schwachstellenanalyse, ergänzt durch konkrete, umsetzbare Vorschläge für Verbesserungen.

Die digitale Checkliste „Tiergerechtheit Pferd“ ist leicht zugänglich, intuitiv zu bedienen und liefert in kurzer Zeit ein klares Bild. Sie unterstützt Betriebsleiter dabei, ihre Haltungsbedingungen strukturiert zu beurteilen, sowohl im Rahmen der betrieblichen Eigenkontrolle als auch für die eigene Weiterentwicklung. Komplexe Anforderungen werden in verständliche Fragen übersetzt, und die Ergebnisse zeigen nicht nur, wo ein Betrieb bereits gut aufgestellt ist, sondern auch, wo sich mit einfachen Schritten Verbesserungen erzielen lassen. Damit wird aus einer abstrakten Vorgabe ein handhabbares Werkzeug, das Orientierung gibt und in der Praxis Anwendung finden kann.

Mit wenigen Klicks zur Einschätzung der Tiergerechtheit: die digitale Checkliste für Pferdebetriebe. Screenshot: Dr. Laura Maxi Stange

Fundiert und praxisnah

Die Grundlage bilden wissenschaftlich fundierte, aber leicht anwendbare Indikatoren, die sich für alle Haltungsformen eignen: vom Pensionsstall über Zuchtbetriebe bis hin zu Reitschulen. Das Tool berücksichtigt bewusst die große Vielfalt in der Pferdehaltung und lässt sich flexibel einsetzen, unabhängig von Betriebsgröße und -schwerpunkt.

Ob Einzelhaltung, Gruppenhaltung oder Mischformen: Die Checkliste deckt zentrale Bereiche ab, etwa Bewegungsmöglichkeiten, Fütterung, Liegeflächen, Klima und den Gesundheitszustand der Tiere. Gleichzeitig ist sie so gestaltet, dass Betriebsleiter keine langen Vorbereitungen treffen müssen. Der Einstieg ist unkompliziert, die Ergebnisse sind auf einen Blick verständlich.

Die erste Version der Webanwendung wurde bereits in mehreren Mitgliedsbetrieben des Projekts sowie auf weiteren Pilotbetrieben in Schleswig-Holstein und Norddeutschland getestet. Das Feedback war durchweg positiv. Einige Betriebe berichteten, dass sie durch die Anwendung auf kleine, aber entscheidende Details aufmerksam geworden seien. Für viele war die Checkliste nicht nur eine Hilfe, sondern ein Anstoß, die eigenen Routinen neu zu überdenken.

Die Vorteile der Checkliste liegen auf der Hand: Sie liefert eine klare, objektive Einschätzung der eigenen Haltungssituation und zeigt frühzeitig, wo Handlungsbedarf besteht, bevor Probleme entstehen. Zum einen unterstützt sie bei der Umsetzung der betrieblichen Eigenkontrolle, zum anderen bietet sie eine fundierte Grundlage für Gespräche mit Beraterinnen, Kundinnen oder Kontrollinstanzen. Sie schafft Transparenz, sowohl innerhalb des Betriebs als auch nach außen. Damit wird deutlich: Die Checkliste ist kein zusätzliches „Bürokratie-Instrument“, sondern ein Hilfsmittel, das den Alltag erleichtert und zugleich die Qualität der Pferdehaltung verbessern kann.

Entwicklung im starken Netzwerk

Das EIP-Projekt „Tiergerechtheit Pferd“ ist aus der Praxis für die Praxis entstanden. Entwickelt wird es von einem breiten Netzwerk. Dazu gehören neben dem Leadpartner Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein unter anderem die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN), die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), der Holsteiner Verband, die Hochschule Osnabrück sowie Architekten, Sachverständige und erfahrene Praktiker aus der Pferdebranche.

Fünf engagierte Pferdebetriebe aus Norddeutschland bringen ihre Erfahrung direkt in die Entwicklung ein, ergänzt durch 15 Pilotbetriebe, die das Tool intensiv erproben. Diese Rückmeldungen fließen kontinuierlich in die Weiterentwicklung ein. So entsteht Schritt für Schritt eine Anwendung, die wissenschaftlich fundiert ist, aber den Alltag auf den Höfen nicht aus dem Blick verliert. Geplant ist, die digitale Checkliste ab Mitte 2026 bundesweit und kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

Das Projekt „Tiergerechtheit Pferd“ wird durch die EU im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP Agri; www.eip-agrar-sh.de) und das Landesprogramm Ländlicher Raum des Landes Schleswig-Holstein (LPLR) für drei Jahre gefördert. Ziel der EIP Agri ist die Anregung von Innovationen, um Nachhaltigkeit und Effizienz in der Landwirtschaft zu steigern. Der Bedarf an Innovationen kommt idealerweise aus der Praxis und Landwirte sind an der Entwicklung von Lösungen aktiv beteiligt. In operationellen Gruppen arbeiten Landwirte, Wissenschaftler, Berater, Nichtregierungsorganisationen und Wirtschaftspartner gemeinsam an der Entwicklung und Erprobung einer Innovationsidee.

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