„Zwei bis drei Wochen lang blieben nach gutem Erntestart die Drescher stehen“, erklärte Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), im Rahmen der DBV-Ernte-Pressekonferenz am Dienstag. Die Erntezeit sei wegen der häufigen Niederschläge für viele Betriebe eine Zitterpartie gewesen.
Der DBV rechnet in seiner Erntebilanz 2025 insgesamt mit einer durchschnittlichen Getreideernte. Mit 43,5 Mio. t liegt die erwartete Gesamterntemenge zwar über den schlechten Ergebnissen der vergangenen zwei Jahre. Gleichzeitig lägen je nach Region und Standort bei den meisten Kulturen sehr große Ertragsspannen vor. Auch hätten in vielen Regionen die Qualitäten zum Teil erheblich unter den wochenlangen, teils sehr intensiven Niederschlägen gelitten.
Qualitäten leiden
Nach DBV-Zahlen übersteigt die Erntemenge der wichtigsten Kultur, des Winterweizens, mit 21,7 Mio. t deutlich über die des Vorjahres (2024: 17,8 Mio. t). Dies liegt laut Verband sowohl an besseren Erträgen pro Hektar als auch an der deutlichen Ausweitung der Anbaufläche im Vergleich zum Vorjahr. Die Qualitäten seien jedoch teilweise ungenügend: Fallzahlen seien nach den anhaltenden Niederschlägen zum Teil eingebrochen. Und auch bei den Proteingehalten zeichneten sich deutliche Ausschläge nach unten ab – insbesondere in den Roten Gebieten.
Für die Wintergerste zeigt sich ein etwas positiveres Bild als im Vorjahr: Die diesjährige Erntemenge liegt mit 9,3 Mio. t über dem Vorjahreswert von 8,9 Mio. t. Die Winterrapsernte erreicht mit einer Gesamterntemenge von 3,85 Mio. t ein etwas besseres Niveau als im Vorjahr (3,6 Mio. t).
Laut Rukwied kam es zusätzlich zur feuchten Erntezeit durch die ausgeprägte Trockenheit im Frühjahr zu Ertragseinbußen, vor allem im Nordosten Deutschlands. „Auch wenn die Erntemenge endlich einmal wieder im durchschnittlichen Bereich liegt, macht sie doch die spürbaren Folgen des Klimawandels deutlich“, so der DBV-Präsident.
Einheitlich gefordert
Auch die zunehmenden Einschränkungen beim Pflanzenschutz verschärfen nach Einschätzung von Rukwied die ohnehin bestehenden Herausforderungen im Ackerbau weiter. „Der starke Schädlings- und Infektionsdruck in diesem Jahr zeigt deutlich, wie wichtig es ist, Pflanzen ausreichend schützen zu können“, betonte er. „Effektiver Pflanzenschutz ist eine zwingende Voraussetzung für sichere und gesunde Lebensmittel“, so der Bauernverbandspräsident. In mehreren Kulturen sei bereits eine ernst zu nehmende Gefährdung der Versorgungssicherheit erkennbar. Rukwied fordert daher eine zukunftsfähige Strategie für den Pflanzenschutz. Es brauche dringend eine Beschleunigung und Optimierung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, am besten durch ein EU-weit einheitliches System.
Besorgt äußerte sich der DBV-Präsident zudem zur aktuellen Marktsituation: „Die nach wie vor katastrophale Preislage – insbesondere auf den Getreidemärkten – bringt uns Landwirten zunehmend Probleme. Eine Verbesserung ist bislang nicht in Sicht.“ In Kombination mit den stark gestiegenen Betriebsmittelkosten sei der Getreideanbau in Deutschland kaum noch wirtschaftlich darstellbar. Rukwied kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Vielzahl an politischen und gesetzlichen Vorgaben, die in den vergangenen Jahren eingeführt worden seien und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft zusätzlich schwächten. „Wir brauchen dringend ein wirkungsvolles Maßnahmenpaket zur Stärkung unserer Wettbewerbsfähigkeit. Bürokratieabbau und gezielte Entlastungen sind jetzt unabdingbar“, forderte der DBV-Präsident. Entgegen politischen Bekundungen nähmen die bürokratischen Belastungen weiterhin zu.
Importdruck steigt
Bei anderen Kulturen wie Kartoffeln sowie verschiedenen Obst- und Gemüsearten zeichne sich ein heterogenes Bild ab. Teilweise hätten zufriedenstellende Erträge erreicht werden können – wie etwa bei Frühkartoffeln oder Kirschen, so der DBV. Für andere Kulturen wiederum konnte lediglich eine durchschnittliche Ernte verzeichnet werden. Auch der Importdruck nehme insbesondere im Bereich Obst und Gemüse immer mehr zu. Steigende Arbeitskosten durch den Mindestlohn erschwerten die Lage vieler Betriebe. Vor allem im Apfel- und Salatanbau träten derzeit massive Probleme mit Krankheiten und Schädlingen auf. Und auch die Schilf-Glasflügelzikade breite sich immer weiter im Bundesgebiet aus und sorge für massive Herausforderungen, da die Handlungsmöglichkeiten der Landwirte nach wie vor sehr eingeschränkt seien.
Gute Erträge im Norden
Der DBV-Erntebericht ist eine Hochrechnung und basiert auf Meldungen aus den 18 Landesbauernverbänden über die tatsächlich geernteten Flächen und erzielten Erträge. Die vergleichsweise guten Anbaubedingungen in Schleswig-Holstein schlugen sich deutlich in dieser Statistik nieder. So belegte das nördlichste Bundesland bei den Winterweizenerträgen mit durchschnittlich 91 dt/ha den Spitzenplatz und bei der Wintergerste mit ebenfalls 91 dt/ha den zweiten Platz hinter Thüringen (95 dt/ha).
Beim Winterraps wurde in Schleswig-Holstein mit 38 dt/ha nur ein leicht überdurchschnittliches Niveau erreicht. Mit 43 dt/ha erzielten die hessischen Ackerbauern in dieser Kulturart die höchsten Erträge. Bei Hafer (73 dt/ha), Winterroggen (84 dt/ha) und Triticale (83 dt/ha) erreichten die Ackerbauern hierzulande die Spitzenwerte.
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