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Besichtigung des neuen Deck-Wartestalls

Schweine aktuell: Praxisnaher Einblick in ein modernes Stallkonzept mit Außenklima
Von Reiner Thomas, Ina Stellwag, Landwirtschaftskammer SH
Die Teilnehmenden ließen sich den neuen Deck-Wartestall genau erklären und probierten die Stalleinrichtung selbst aus. Fotos: Reiner Thomas

Am 19. Juni organisierte das Netzwerk Fokus Tierwohl eine Besichtigung des neuen Deck-Wartestalls im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp (LVZ) der Landwirtschaftskammer, noch bevor die ersten Tiere dort einzogen.

In der Baulehrschau begrüßte Tierwohlmultiplikator Reiner Thomas die Besucherinnen und Besucher aus ganz Deutschland. Anschließend gab Ina Stellwag, Produktionsberaterin für Schweinehaltung der Landwirtschaftskammer, eine fachliche Einordnung des Bauprojekts und erläuterte Hintergründe, Anforderungen und Ziele.

Hintergrund des Umbaus

Die neue Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung aus dem Jahr 2021 verpflichtet Betriebe dazu, ihre Sauenhaltung grundlegend zu überarbeiten. Für das Deckzentrum bedeutet das künftig unter anderem: Jede Sau muss über mindestens 5 m² uneingeschränkt nutzbare Fläche verfügen, davon 1,3 m² als Liegefläche mit weniger als 15 % Perforation. Die Fixierung der Tiere ist nur noch kurzzeitig – etwa zur Rauschekontrolle oder Besamung – erlaubt. Zudem muss den Tieren jederzeit freie Bewegung innerhalb der Gruppe möglich sein. Bestehende Ställe müssen bis spätestens zum 9. Februar 2029 entsprechend angepasst werden.

Moderne Haltung im Fokus

In Futterkamp ist hierfür ein komplett neuer Deck-Wartestall mit rund 120 Tierplätzen entstanden – aufgeteilt in 40 Plätze im Deckbereich, 60 im Wartestall, zwölf Eingliederungsplätze sowie Platz für Eber und für Problemsauen. Der Außenklimastall verfügt über eine Querlüftung mit einem Jalousiesystem, einer Unterstützungslüftung mit Wandventilen und Abluftpunkten sowie einer Hochdruckvernebelung zur Kühlung im Sommer.

Nach dem theoretischen Einstieg und einem kleinen Frühstücksimbiss ging es für die Teilnehmenden weiter mit einer informativen Führung durch den beinahe bezugsfertigen Neubau. Sie erhielten bei der Stallführung durch Ina Stellwag einen detaillierten Einblick in Aufbau und Funktionen: Der Außenklimastall verfügt über planbefestigte Liegeflächen, die mit Stroh eingestreut werden, sowie über einen erhöhten Fress- und Kotbereich mit perforiertem Spaltenboden. Darunter sorgen Unterflurschieber für eine problemlose Entmistung. Der Strohbereich wird maschinell mit einem Radlader entmistet. Dazu können die Sauen durch schwenkbare Gitter im Fress- und Kotbereich weggesperrt werden.

In großen Schritten ging es zur Besichtigung des Neubaus.

Im Deck- sowie Eingliederungsbereich des Stalles sind Selbstfangstände von zwei verschiedenen Stalleinrichtern verbaut. Die Fütterung erfolgt in den Ständen über Volumendosierer. Zum Trinken stehen den Sauen sowohl Beckentränken als auch Wasser im Trog über ein Aqualevel zur Verfügung.

Die Buchten im neuen Stall sind jeweils auf zehn Tiere pro Gruppe ausgelegt. Im Deckbereich ermöglicht die geringe Gruppengröße eine klare Ausbildung der Rangordnung sowie eine gute Übersichtlichkeit und Handhabung beim Besamen.

Nach einer erfolgreichen Besamung wird die gesamte Gruppe dann in den Wartebereich im gleichen Gebäude weitergestallt. Hier bleiben die Tiere bis zu einer positiven Umrauschkontrolle und Trächtigkeitsuntersuchung noch rund drei Wochen. Anschließend ziehen sie in die dynamische Großgruppe im bestehenden Futterkamper Wartestall.

Im Wartebereich erfolgt eine tierindividuelle Fütterung über kleine Abrufstationen, sogenannte Kopfstationen. Diese sind ähnlich wie eine Selbstfangbucht mit Wippe ausgestattet, sodass die Sauen sie vorwärts betreten und rückwärts wieder verlassen müssen. Durch eine bestimmte Ohrmarke werden die Sauen erkannt und bekommen die ihnen zugeteilte Futtermenge in mehreren Portionen ausdosiert. Durch die tierindividuelle Erkennung ist eine konditionsangepasste Fütterung für jedes Einzeltier möglich. Den Sauen steht im perforierten Bereich ebenfalls eine Beckentränke zur Verfügung.

Nur noch wenige Feinarbeiten stehen aus, bevor die ersten Tiere einziehen werden. Ina Stellwag stellte die einzelnen Stallbereiche anschaulich vor und erläuterte dabei auch die konzeptionellen Überlegungen, die in die Planung eingeflossen sind – etwa zur Gestaltung der Gruppenbuchten, zur Struktur der Laufwege oder zur Auswahl der Fütterungssysteme.

Austausch in der Praxis

Die Teilnehmenden nutzten die Gelegenheit nicht nur zum Zuhören, sondern auch ganz praktisch: Sie warfen einen genauen Blick auf die installierten Elemente, prüften Materialien, bewegten Gitter, öffneten Selbstfangstände und diskutierten direkt am Objekt über Funktion, Alltagstauglichkeit und mögliche Anpassungen für den eigenen Betrieb. Der Rundgang bot damit nicht nur wertvolle Einblicke in moderne Haltungstechnik, sondern auch Raum für regen Austausch und praxisnahe Fragestellungen.

Nach der offiziellen Verabschiedung nutzen viele der Teilnehmenden noch die Möglichkeit, die Bau- und Energielehrschau in Futterkamp anzuschauen. Sie erkundeten und probierten die ausgestellte Stalleinrichtung aus und teilten eigene Erfahrungen und Überlegen.

Die Veranstaltung konnte durch die Förderung des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) kostenfrei angeboten werden.

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