Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) ernannte Alois Rainer (CSU) am Dienstag (6. Mai) in Berlin zum neuen Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat. Nach der Vereidigung im Deutschen Bundestag fuhr der Minister zur Amtsübergabe mit seinem Vorgänger Cem Özdemir (Grüne).
Rainer hat dabei erste Eckpunkte seiner politischen Agenda genannt. „Wir müssen unsere bäuerlichen Familienbetriebe stärker entlasten und ihnen mehr Planungssicherheit geben“, sagte der CSU-Politiker. Bürokratieabbau sei dabei kein Schlagwort, sondern eine politische Verpflichtung. Sein Ziel sei es, „im Einklang mit Umwelt und Tierwohl beste Bedingungen für die Landwirtschaft in Deutschland zu schaffen“.
Zwei Staatssekretärinnen
Er bezeichnete die Landwirtschaft als das Rückgrat des ländlichen Raums. Sie verdiene Wertschätzung, Verlässlichkeit und faire Rahmenbedingungen. Ihm gehe es darum, den ländlichen Raum insgesamt „als Lebensraum zu stärken, als Wirtschaftskraft zu fördern und als Heimat lebendig zu halten“. Der langjährige Bundestagsabgeordnete betonte, es sei ihm „eine große Ehre und Verantwortung“, das Amt des Bundesministers für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat zu übernehmen. Dieses Regierungsamt sei für ihn „kein Beruf, sondern eine Berufung“.
Unterstützung bei seiner neuen Aufgabe erhält Rainer von seinen Parlamentarischen Staatssekretärinnen Silvia Breher (CDU) und Martina Englhardt-Kopf (CSU). Breher stammt aus dem Oldenburger Münsterland in Niedersachsen. Seit 2017 vertritt sie als direkt gewählte Bundestagsabgeordnete den Wahlkreis Cloppenburg-Vechta im Deutschen Bundestag. Sie war im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft sowie im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend tätig. Englhardt-Kopf stammt aus Schwandorf in Bayern. Seit 2021 vertritt sie als direkt gewählte Abgeordnete den Bundeswahlkreis Schwandorf/Cham im Deutschen Bundestag. Sie gehörte bisher dem Verkehrsausschuss sowie stellvertretend dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technologiefolgeabschätzung an. Mit ihrer Familie bewirtschaftet sie einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb.
Hohe Erwartungen
Positiv reagierten die Agrarverbände auf die Nominierung von Rainer. Umwelt- und Tierschutzvertreter betonen ihre Gesprächsbereitschaft. Nahezu übereinstimmend wurde hervorgehoben, dass Rainer mit den Themen vertraut sei. Er kenne die Branche, habe kommunal- und bundespolitische Erfahrung und einen persönlichen Bezug zur Landwirtschaft.
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), bescheinigte Rainer eine hohe Fachkompetenz und langjährige politische Erfahrung. Dessen wichtigsten Aufgaben sieht der Bauernpräsident darin, die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft wiederherzustellen sowie spürbar Bürokratie abzubauen. Gefragt seien ein klarer agrarpolitischer Kompass und Entscheidungen im Sinne der Bauernfamilien.
Laut Raiffeisenpräsident Franz-Josef Holzenkamp wird es für den neuen Minister darum gehen müssen, verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen und schnell in den Arbeitsmodus zu gelangen. Die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft warte händeringend auf ein starkes Signal, wie die großen Herausforderungen angepackt und gelöst werden könnten. Dringend geklärt werden müsse die Finanzierung elementarer Transformationsprozesse wie etwa der Umbau der Tierhaltung. Notwendig sei, Ökologie und Ökonomie sinnvoll zu harmonisieren. Schließlich gehe es darum, die Bedeutung des ländlichen Raums und der Genossenschaften für die gesamte Wertschöpfungskette anzuerkennen.
Bio-Ausbau steigern
Hohe Erwartungen hat auch die Biobranche an den nächsten Agrarminister. Er sei als gelernter Metzgermeister „ein Mann vom Fach“, stellte die Vorstandsvorsitzende des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Tina Andres, fest. Allein im Biobereich sorge die Verarbeitung von Lebensmitteln im ländlichen Raum für 170.000 Arbeitsplätze. Insgesamt sei die Wertschöpfungskette Bio mit ihren 380.000 Beschäftigten zwar auf Wachstumskurs; es gebe aber noch „viel Luft nach oben“. Andres sieht Rainer gefordert, die Bio-Ausbauziele von mindestens 30 % in ganz Deutschland anzustreben.
Nach Auffassung von Bioland-Präsident Jan Plagge sollte der neue Minister seine Erfahrungen und Kenntnisse dazu nutzen, den Umbau des Sektors hin zu mehr Nachhaltigkeit entschieden voranzutreiben. Klimawandel, Gewässerbelastung und Artensterben bedrohten auch die Landwirtschaft in ihrer Existenz und erforderten schnelles und wirkungsvolles Handeln. Eine Grundlage dafür biete die vorliegende Bio-Strategie 2030. Bei der anstehenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) müsse die Honorierung von Ökosystemleistungen eine herausragende Rolle spielen.
Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) ist der Umbau der Tierhaltung eine zentrale Aufgabe für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Um kostendeckende Preise und faire Marktbedingungen durchzusetzen, müsse der Landwirtschaftsminister marktpolitische Rahmenbedingungen setzen, wie etwa verpflichtende Verträge vor Lieferung. In der GAP müssten Fördermittel gerechter verteilt werden – über eine Stärkung der Umverteilungsprämie oder eine Staffelung oder Kappung. Ein großer Wettbewerbsvorteil für die europäische Landwirtschaft sei die Sicherung der Gentechnikfreiheit, erklärte die stellvertretende AbL-Bundesvorsitzende Lucia Heigl.
„Der Umbau zu einer natur- und klimaverträglichen Landwirtschaft duldet keinen Aufschub“, mahnte der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland, Jörg-Andreas Krüger. Er forderte den Minister auf, aktiv den Dialog mit Natur- und Umweltverbänden zu suchen, um Landwirtschaft und Naturschutz als gemeinsame Aufgabe zu begreifen.